Tabula Smaragdina Hermetis
Die Weisheit und Aufgabe der Rosenkreuzer
Viel wurde über die Bruderschaft der Rosenkreuzer geschrieben, obwohl die geschichtliche Überlieferung wenig zu berichten weiß. Um uns der Spiritualität der Rosenkreuzer zu nähern, müssen wir uns ihrer Symbolsprache zuwenden. Eine besondere Stellung nimmt das Buch „Geheime Figuren der Rosenkreuzer“ ein, in dem durch einige Jahrhunderte entstandene Symbole der christlichen Spiritualität zusammenfließen. Jedes dieser darin enthaltenen Bilder drückt einen bestimmten Aspekt der menschlichen inneren Entwicklung aus. Das Zentrum der Sammlung bildet der Text der Tabula Smaragdina mit einem dazugehörigen Emblem, die zusammen den eigentlichen Erkenntnisweg der Rosenkreuzer darstellen.
In dem in arabischer Sprache abgefassten Buch „Sirr“ um das 7. Jahrhundert wird der Text zum ersten Mal aufgeführt und weist dessen Ursprung auf Appollonios von Tyana hin der die letzten Jahre seines Lebens mit dem ungefähr gleichaltrigen Johannes dem Evangelisten auf der Insel Pathmos lebte.
Die Reihenfolge der einzelnen Sätze und die darin überlieferten Aussagen lassen jedoch den Eindruck entstehen, dass wir in ihnen nicht den ganzen ursprünglichen Text vor uns haben.
Es ist wahr ohne Lüge, es ist gewiss auf's Allerwahrhaftigste!
Das Untere ist gleich demjenigen, das Oben ist. Und was Oben ist, ist gleich demjenigen das Unten ist, um das Wunder eines Einzigartigen Dinges zu Stande zu bringen.
So wie alle Dinge von dem Einzigen und durch seinen Plan gemacht sind, so entstammen alle geschaffenen Dinge von diesem Einzigen durch Adoption.
Sein Vater ist die Sonne, seine Mutter der Mond.
Der Wind hat es in seinem Bauch getragen.
Seine Ernährerin ist die Erde.
Es ist der Vater aller Vollendung der ganzen Welt und seine Tugend ist vollkommen.
Wenn es in Erde verwandelt worden ist, ist seine ganze Kraft beisammen.
Trenne die Erde vom Feuer, das Subtile vom Dichten, schrittweise und mit grossem Verstand.
Es steigt von der Erde zum Himmel und wieder zur Erde hinab und empfängt dabei die Kraft des Oberen und des Unteren.
So erhältst du die Herrlichkeit der ganzen Welt. Oben wird von dir aller Unverstand weichen. Das Einzigartige ist von aller Stärke die stärkste Stärke, weil es alle subtilen Sachen besiegt und alle festen durchdringt.
Auf diese Weise ist der Kosmos geschaffen.
Von da stammen die wunderbaren Nachahmungen, die Art und Weise derselben ist hierin beschrieben.
Deswegen heisse ich der dreimalgroße Hermes, denn ich habe die drei Teile der Weisheit der ganzen Welt.
Was ich von dem Wirken der Sonne gesagt habe, ist vollendet und vollkommen.
Am Ende des 16. Jahrhunderts wird zur bildlichen Darstellung ein Emblem (1) mit einer Erläuterung hinzugefügt. Es wird in das Buch die „Geheimen Figuren der Rosenkreuzer“ aufgenommen und 1785/88 anonym in Hamburg herausgegeben. Auf die Erläuterung soll hier nicht eingegangen werden, da diese ausschließlich eine alchemistische Sicht wiedergibt.
Wenn wir uns das Emblem der Tabula durch ein gleichseitiges Kreuz aufgeteilt vorstellen, dann sehen wir im oberen linken Viertel die Sonne (Gold-gelb) mit den Planeten Mars (rot) und Saturn (grau-schwarz). Im rechten Viertel befindet sich der Mond (blau, Sichel Silber-weiß) und die beiden Planeten Venus (grün) und Jupiter (blau).
Es stehen sich somit die männlichen und weiblichen Qualitäten der jeweiligen Planeten gegenüber.
Sonne-Mond
Mars-Venus
Saturn-Jupiter
Reinheit der Seele
Auf der männlichen Sonnenseite konzentrieren sich die Qualitäten von Saturn und Mars, auf der weiblichen Mondenseite die Qualitäten von Venus und Jupiter. In ihrer Einseitigkeit betrachtet steht die linke Seite für Erstarrung (Saturn) des Ich (Mars) in der Ichbezogenheit, während die rechte Seite blinde emotionale (Venus) Hingabe (Jupiter) und Auflösung der Form bedeuten.
Wenn diese erste polare Ebene der uns bestimmenden Wirksamkeiten durchbrochen wird, indem sich die einseitigen Seelenkräfte der Erstarrung und Auflösung in Aufmerksamkeit und Hingabe umwandeln, dann erlangt die Seele ihre ihr ursprünglich innewohnende Reinheit des Denkens und Empfindens wieder.
Sonne und Mond stellen somit als Symbole im Emblem die zweite Ebene der Polarität, die geläuterten Aspekte der Planeten dar, die sich in die Geistesfähigkeit der hingebungsvollen Aufmerksamkeit und die der Seelenfähigkeit der liebevollen bewussten Hingabe umgewandelt haben. Sie bilden zusammen die Voraussetzung, das Seelenkind zu gebären, welches zum Erleben der nächsten Stufe der Rosenkreuzerschulung, dem intuitiven Schauen der Entsprechung von Makro -und Mikrokosmos, führt. Diese wird zum Ausdruck gebracht, indem die geläuterten Geistes -und Seelenkräfte von Sonne und Mond in den Kelch zusammenfließen und dadurch das Seelenkind Merkur (Hermes) gebären, wodurch es das einzige Symbol ist, das die Qualitäten der anderen Planeten, der Halbschale, des Kreises und des Kreuzes, in sich vereint. Dadurch harmonisiert Merkur die horizontale Polarität von Ost und West von Du und Ich, von weiblich und männlich und wird zum Himmelsboten, der auf der vertikalen Ebene von Oben und Unten von Himmel und Erde als Vermittler wirkt.
Neugeburt der Seele
Im folgenden Bild (2) sehen wir diesen Vorgang der Neugeburt der Seele abgebildet, der darüber hinaus auf die nächste Phase des Erwachens, der „Himmelfahrt“ weist.
Der blaue Adler trägt das geläuterte nackte androgyne Wesen (Synthese von Sonne und Mond), welches sein „schmutziges“ Seelenkleid abgelegt hat, empor. Die polare sinnliche Geschlechtlichkeit des Männlichen und Weiblichen ist durch Überwindung des Vorstellungslebens, dar irrlichterlienden Gedanken (Hase/Tag) und der ungeläuterten Emotionen (Fledermaus/Nacht) vereint. Die Häupter der Frau und des Mannes bilden jedoch weiterhin eine Zweiheit, wodurch auf die weiter bestehende, jedoch sich jetzt nicht mehr ausschließende, sondern ergänzende Polarität der neu erreichten Ebene des Bewusstseins hingewiesen wird. Zu dieser trägt der Adler als Sinnbild das geläuterte Ich und die geläuterte Seele das neue Wesen. Es „erblüht“ zu einer „Blauen Blume“, zu dem inmitten des Emblems dargestellten Kreis, wird zum „Raum“ und erfährt dadurch seine makrokosmische Entsprechung.
Die Seele erfährt in der Vertikalen des Leibes die „Himmelfahrt“, indem sie durch die Zentren der sieben Planeten, der „Himmelsleiter“ vom Mond bis zum Saturn hindurchgeht. Der Saturn bildet am Scheitel des Hauptes die Pforte, durch die die Seele schreitet um die Raumesbläue, die Fixsternsphäre mit ihrem Sternenleib (Astralleib) intuitiv als Bewusst-Sein zu erfüllen.
Für die Rosenkreuzer ist es die Sphäre der „Kosmischen Jungfrau Sophia“, das ursprüngliche Angesicht der Seele, welche in ihrem geläutertem Zustand in einem reinen Blau erstrahlt.
Werden im oberen Teil des Emblems die Gesetzmäßigkeiten der persönlichen Entwicklung des Menschen die zur Entfaltung der Individualität führen aufgezeigt, so durch den Unteren seine kosmische Aufgabe, der durch drei Schilder bestimmt wird, die untereinander und an dem mittleren Kreis durch eine goldene Kette verbunden sind.
Auf der linken Seite ist auf dem Schild ein Doppeladler jeweils in roter Farbe auf weißem und in weißer Farbe auf rotem Hintergrund abgebildet. Auf der rechten Seite sehen wir einen grünen Löwen auf einem gelben Hintergrund. Unten im Bild wird die Dreiheit von einem Siebenstern beschlossen, der in seinen Strahlen die Farben der sieben Planeten wiedergibt. Seitlich des Siebensterns befindet sich der Kosmos (blau) und die Erde, um anzuzeigen, dass auf dieser Ebene der Entwicklung beide, sowohl die kosmischen als auch die Erdenkräfte sich gegenseitig befruchten müssen, um die Evolution in der Zeit zu fördern. Bei der Abbildung der Erde sind die Meere blau und das feste Land braun. Der Kosmos gibt die blaue Bewusstseinssebene der Sophia, darin die Fixsternsphäre und die polaren Qualitäten der Sonne und des Mondes wieder.
Innerhalb der goldenen Ketten über dem Stern sehen wir einen Reichsapfel in roter Farbe, der von einem gelben Ring umfasst wird und auf dem sich ein gelbes Kreuz aufrichtet.
Der Doppeladler: Polarität in der Einheit
Um den Doppeladler in seiner Bedeutung zu verstehen, wenden wir uns noch einmal dem Bild des blauen Adlers zu, der das androgyne Wesen, die neugeborene Seele jenseits der sinnlichen Polarität, empor trägt, und erkennen, dass der Adler symbolisch für die geläuterte Seele und das Ich steht. Er erhebt sich zum Himmel in die Sphäre der kosmischen Sophia.
Wie wir es bei dem androgynen Wesen festgestellt haben, ist dieses Bewusstsein zwar jenseits der sinnlichen Polarität zu suchen, jedoch wie es in den beiden Köpfen der Frau und des Mannes dargestellt wird, weiterhin polar, wenn auch in einer sich entsprechenden und nicht wie auf der sinnlichen Ebene sich ausschließenden Weise. Die Qualitäten des Männlichen und des Weiblichen bleiben erhalten.
Auf diese weiterhin bestehenden Polarität auf der Ebene der Sophia weist der Doppeladler hin. Obwohl das Bewusstsein durch das Symbol des Kreises dargestellt, eine in sich seiende Einheit ist, offenbart es sich in seinem passiv-weiblichen (Mond-Silber-Weiß-Astralleib) und männlich-aktiven Aspekt (Sonne-Gold-Rot-Ich). Der weiße Adler drückt somit die Qualität des Mondes, Hingabe-Bewusstsein und der rote Adler die der Sonne in ihrer Ich-Qualität auf der Ebene der Sophia aus. Deren Hintergrund bildet die jeweilig andere Farbe, wodurch auf den unauflösbaren Zusammenhang dieser beiden Qualitäten hingewiesen wird. Der eine Pol geht aus dem anderen hervor und gebiert in seiner größten Offenbarung den anderen. Der leere Kreis symbolisiert die ungeformte Natur des Bewusstseins, das in seiner Seins-Leere jedoch unmittelbar schöpferisch, hervorbringend ist, da die größte Leere nach dem geistigen Prinzip, wie wir es in dem Doppeladler behandelt haben, sogleich den Gegenpol aus sich gebiert.
Das kleine und das große Werk
Die Rosenkreuzer unterschieden den inneren Entwicklungsweg in ein „kleines Werk“ und ein „großes Werk“. Das „kleine Werk“ war vollbracht, wenn der Suchende, im Bild ausgedrückt, Metalle in Silber verwandeln konnte, wie es die Alchemisten dann auch real zu bewerkstelligen suchten. Innerlich verstanden ging es darum, die kosmische Sternensphäre, der das Metall Silber und die Mondensphäre zugeordnet wurde, beherrschen zu lernen. So entspricht das „kleine Werk“ der Stufe des intuitiven Erfahrens der Sophia. Der Rosenkreuzer versteht diese Bewusstseinsstufe als Beiwerk, da sie ihm „nur“ die Vorbedingung darstellt, jenes geistige Wesen zu schauen, welches ihm die eigentliche Quelle seines Tuns ist. Es ist eine Erfahrung, auf die der Einzuweihende in der Rosenkreuzerströmung besonders vorbereitet wurde, denn es wurde ihm gesagt, dass er, wenn er sich für den „silbernen Weg“, den des Mondes entscheidet, dadurch der Sphäre der Weisheit einen eigenmächtigen Platz in seinem Leben einräumt, wodurch er sich aus der Entwicklung der Erde in der Zeit herauslöst. Ergreift er dagegen mit seinem Ich die Sonnenkräfte, die in der Sophiensphäre als Keim schlummern, um diese in seiner erneuten Inkarnation in der Zeit zur Entfaltung zu bringen, dann geht er den „goldenen Weg“, den der Sonne, der sich im Mitwirken entfaltenden Individualität.
Gesetzmäßigkeiten der inneren Entwicklung die, wenn der Weg der Sonne gegangen wird, in den Sätzen der Tabula seinen Ausdruck finden:
Es steigt von der Erde zum Himmel und wieder zur Erde hinab und empfängt dabei die Kraft des Oberen und des Unteren.
So erhältst du die Herrlichkeit der ganzen Welt. Oben wird von dir aller Unverstand weichen. Das Einzigartige ist von aller Stärke die stärkste Stärke, weil es alle subtilen Sachen besiegt und alle festen durchdringt.
Der grüne Löwe
Das zweite aus dem Kreis hervorgehende Schild, ist der grüne Löwe auf dem gelben Hintergrund. Der grüne Löwe trägt als Keim, der ihm Weg, Wahrheit und das Ziel ist, die Qualität der Sonne in sich, die er aus der Sophiensphäre verinnerlicht hat, was im gelben Hintergrund zum Ausdruck gebracht wird. Und so wie sich die Natur durch die Einwirkung der Sonne in ihrer Entfaltung neu zu begrünen beginnt, so sucht auch im Bild des grünen Löwen, die neugeborene Individualität die Sonnenqualität in seinem Herzen zu verinnerlichen.
Auf dem Bild (3) sehen wir dieses Streben durch den grünen Löwen, detaillierter dargestellt. In dem spiegelglatten Meer treibt der Mond. Hier wird auf die Sophiensphäre hingewiesen die die Individualität durch Läuterung der aufgewühlten Wellen der Empfindungen zu einem „Spiegel“ umgewandelt hat, wodurch sie die Wirklichkeit unverzerrt sehen kann. Die sieben Sterne auf seinem Leib zeigen an, dass er mit den Qualitäten der sieben Planeten im Zeitenstrom stehend, den Weg der Sonne geht, mit der er sich zu vereinen sucht, in dem er sie im Bild verschlingt.
Das Schild des Doppeladlers und das des grünen Löwens umfassen das unterste Schild des Siebensterns. Die Weisheit und die Ich-Kräfte, die als Keime in der Sophia schlummern, wenden sich in der Individualität, die die Weisheit nicht als Selbstzweck sondern als Voraussetzung erkennt, der Siebenzahl der Zeit zu, in dem in der Geschichte der Bewusstseinsentwicklung wirkenden Willen. Aus diesem Verständnis heraus wurde durch die Rosenkreuzer dem Symbol des Siebensterns eine besondere Beachtung beigemessen. Im nächsten Bild (4) wird die Bedeutung des Siebensterns, der im Emblem angedeutet ist, auf den unterschiedlichen Ebenen der inneren Entwicklung differenzierter aufgezeigt. Wir sehen oben im Dreieck die Sonne und den Mond, die die beiden Aspekte des spiegelgleichen Bewusstseins der Sophia, die hier durch die Flügel abgebildet ist, dargestellt. Wenn sich diese beiden Qualitäten, wie wir es in den beiden Schildern, dem grünen Löwen und dem Adler dargestellt sehen, der untere Spitze des Dreiecks zuwenden, der als Corpus bezeichnet wird, also die Erde in dem Entwicklungsraum der Zahl Sieben darstellt, dann beginnt die Seele den durch die sieben Strahlen angezeigten Weg zu durchlaufen.
Der Saturn bildet somit im Siebenstern nun nicht das Tor zum Himmel sondern weist zum Zentrum der Erde hin. Wenn wir der Zahlenfolge eins bis sieben, die bei Saturn unten beginnt und sich im Uhrzeigersinn bis zum Mond fortsetzt, folgen, so wird der Seele in ihrer individuellen Entwicklung der Weg vom Himmel wieder zur Erde hin gewiesen. Die nächste Ebene der Entwicklung durch den Siebenstern wird eröffnet, wenn wir dem Zeitenfluss, der durch den Sternenstrahl selbst aufgezeigt wird, folgen. Von Saturn über Sonne zum Mond, dann über Mars, Merkur und Jupiter, weiter zu Venus. Die neue Figur eines Siebensterns die dabei entsteht entspricht der der Wochentage im Zeitenlauf und nach der Geheimwissenschaft Rudolf Steiners, wenn wir vom Saturn ausgehen, der evolutionären Entwicklung der Erde durch die verschiedenen Planetenstadien. Somit wird durch den Siebenstern auf die kosmische Entwicklung der Erde und damit auf die eigentliche Aufgabe der, durch die im Emblem aufgezeigten Entwicklungsschritte durchgegangene Seele, hingewiesen.
Die Vitriol Formel
Die Inschrift um den Kreis des Emblems der Tabula hat die gleiche Bedeutung wie die um das Bild des Siebensterns: „Vista Interiora Terrae Rectificando Invenies Occultum Lapidem.“ Die Bedeutung des Satzes ist: „Suche das Untere der Erde auf, vervollkommne es, und du wirst den verborgenen Stein finden“. Diese Aussage wird als die VITRIOL-Formel bezeichnet, da der jeweilige Anfangsbuchstabe der sieben Wörter VITRIOL ergibt, was für die Alchemisten die Transformation der Materie in Gold und für die Rosenkreuzer, für die Umwandlung der Erde zur Sonne steht.
Während sich die Seele am Anfang des Weges durch die verschiedenen planetarischen Stufen vom Mond bis zum Saturn und dann darüber hinaus zu der Fixsternsphäre gewandt hat, um ihren reinen kosmischen Urzustand zu erfahren, soll sie sich nun vom Saturn wieder zum Mond, also der „Himmelsleiter“ abwärts dem Mittelpunkt der Erde zuwenden, um dort, wie es heißt, den verborgenen Stein zu finden.
Auf dem selbstbewussten Weg zur Erde erfährt die Seele die mit ihr verbundene Aufgabe und damit ihre Individualität. Sie wird sich nun ihrer selbst im Körper bewusst und schaut in der Imagination als ihre kosmische Entsprechung den gekreuzigten Christus im Mittelpunkt der Erde, der wie sie selbst aus freiem Willen ihr Schicksal aufs Neue angenommen hat.
Die Bedeutung der Tabula liegt somit nicht in der Überlieferung der Weisheit des geschichtlichen Hermes, sondern im Aufzeigen des Weges zur Realisierung des Bewusstseins einer Individualität „Hermes“, um an der Erlösung des gekreuzigten Christus inmitten der Erde und mit dem Christus an der Evolution der Erde schöpferisch mitwirken zu können. Dadurch wird sowohl der Mensch als auch die Erde, zu „Gold“, einem kosmischen Herzen, verwandelt, was durch den roten Reichsapfel mit dem gelben Ring und Kreuz über dem Siebenstern des Emblems der Tabula dargestellt ist. Dieser Weg erhält, durch die Hände aus den Wolken, den Segen der geistigen Welt.
Bildnachweis:
1.Tabula Smaragdina Hermetis, Geheime Figuren der Rosenkreuzer, Altona, 1785/88, Neuauflage, Berlin 1919. In diesem Beitrag beziehe ich mich auf die Farbdarstellung im oben genannten Buch, da diese am anschaulichsten die im Rosenkreuzertum lebende Weisheit wiedergibt.
2.Aurora Consurgens, 15. Jahrhundert
3.J.D. Mylius Philosophia reformata, Frankfurt, 1622.
4.Bibliotheca Philosophica Hermetica Amsterdam
Artikel von Zoran Perowanowitsch | Buchvorstellung | ||||