Synthese von Christentum und Buddhismus

Den gemeinsamen „Namen“ finden



In den letzten Jahrzehnten hat sich ein sichtbarer Wandel innerhalb der westlichen Kultur in Bezug zum Verständnis der östlichen Religionen, besonders des Buddhismus, vollzogen. Hierbei kommt dem XIV. Dalai Lama, dem im Exil lebenden religiösen und politischen Oberhaupt der Tibeter eine bedeutende Aufgabe zu. Seine unermüdlichen Reisen und Gespräche mit den Menschen und den verschiedensten Vertretern des Kulturlebens wirken vertrauensbildend. Die Filme, die in letzter Zeit über sein Leben und Land gezeigt wurden, wecken in uns sowohl eine Verbundenheit mit dem Schicksal der Tibeter als auch ein tiefes Berührtsein über die christliche Ethik des Buddhismus. So wird der Buddhismus unserer Kultur langsam friedvoll vertraut und wir erwachen für die Inhalte seines Geisteslebens. Selbst christliche Klöster versuchen die Meditationspraxis des Zen-Buddhismus zu integrieren. Dieses in aller Natürlichkeit wachsende Vertrauen gründet im heutigen sich im Wandel begriffenen Religionsverständnis, in dem das eigentlich Religiöse unabhängig von allen Vorstellungen in unserem Bewusstsein als reale Erfahrung zu erwachen beginnt.
Das gegenseitige Interesse zwischen den beiden großen Religionen, dem Christentum und dem Buddhismus, kann verständlicher werden, wenn wir in den ältesten Schriften der Menschheit, den Veden, nach der ursprünglichen Erfahrung der Menschen suchen, die die Grundlage der zu werdenden Religionen gebildet hat.

Der „Mann“ in der Sonne
Wenn die heiligen Rishis, die Weisen der indischen Vorzeit in die wirkenden Kräfte des Alls hineinlauschten, so vernahmen sie das Urwort Vac. Es war das „Wort“, das seit"Christus" Byzanz Uranfängen der Welt als schöpferische Kraft der Liebe zugrunde liegt. Doch unterschied man in jener Zeit, in der die unmittelbare Erfahrung den Grund des Wissens bildete, die schöpferische, gestaltende Kraft der Liebe nicht von der des Lichtes. Wenn die heiligen Rishis zur Sonne schauten, nahmen sie diese Kraft der Liebe in sich auf, die durch das Licht auf die Erde kam und die direkte Offenbarung des Weltenwortes war, und erfüllten damit ihr Wesen. Aus dieser Erfahrung gestaltete sich als Bild in ihrer Seele, dass der „Mann“, der in der Sonne, in dem lebendigen Licht wohnt, das Wahre, das Lebenbringende ist und dass dieser Mann in dieser Scheibe einst das Böse überwinden werde. Und da sie sich in ihrem Atem mit der Natur verbunden fühlten, in ihm dem göttlichen Rhythmus folgten, erfuhren sie im Atem das Wirken des Urwortes, der Sonnenwesenheit, die in jedem Atemzug das Innigste des menschlichen Wesens berührte und stärkte. So erkannten sie, dass der geheime Name des Mannes, der in der Sonne wohnt, ICH lautet.1 Die Wesenheit, mit der sich die Rishis im Atemrhythmus eins wussten, nannten sie nach ihrem schöpferischen Aspekt Vishvakarman, den Allschaffenden, der den Ursprung der Materie bildet, ihr Architekt ist. Den Gott Vishvakarman sahen die Rishis, wie er sich einst aus den kosmischen Weiten der Erde nähern und für die Menschen eine Opfertat vollbringen wird, indem er sich bis in die Elemente hinein mit der Erde verbindet, in die Herzen der Menschen eingeht und das Bewusstsein des ICH erwachen lässt. Dieser Vorgang wird in den Hymnen der Rigveda gefeiert, indem sich der Gott Vishvakarman selbst in die Erde umwandelt.2

Die Erwartung, dass sich einst das Sonnenwesen selbst mit der Erde verbinden wird, zieht sich nun durch die verschiedensten vorchristlichen Kulturen und mündet schließlich in das Bild der drei Weisen aus dem Osten, die, vor der Krippe kniend, dem Kind ihre Gaben reichen. Über sie sagt die Heilige Katharina Emmerich in ihrer Schau: „Dieses heiße Verlangen nach dem Heile war aber nirgends so rein, unschuldig, kindlich und treu wie in dem Herzen der lieben heiligen Könige aus Morgenland, die Jahrhunderte hindurch in allen ihren Voreltern, glaubend, hoffend und liebend ihm entgegengeharrt hatten.“3 Bevor sich jedoch das Sonnenwesen auf Erden inkarnierte ,finden sich immer mehr Menschen, die in ihrem Herzen das Nahen des Wesens des Lichtes wahrnehmen und sich in Gemeinschaften wie der der Essener in Palästina und der dem gleichen Orden angehörenden Therapeuten in Ägypten zusammenschließen, um sich auf das Kommen der Sonnenwesenheit durch innere Läuterungen vorzubereiten. Diejenigen, die zu der Gemeinschaft kamen, verkauften zuvor ihren Besitz, verteilten den Betrag unter die Armen und lebten in freiwilliger Armut. Sie teilten alles untereinander, denn Brüderlichkeit und Nächstenliebe bildeten die Grundlage ihrer Handlungen. Es herrschte der Geist der Gleichheit unter ihnen, und sie strebten durch innere Reinigungen nach der Offenbarung der geistigen Welt.
Von Philo sind uns Schriften über diesen Orden überliefert, in denen er berichtet: „Die Gemeinschaft der Therapeuten schreitet auf dem Pfade des Schauens unablässig fort und strebt nach der Anschauung des Wahrhaft-Seienden. Über die sichtbare Sonne strebt sie hinaus und verlässt nie diesen wohlgeordneten Pfad, der zur vollkommenen Glückseligkeit führt. Diejenigen, die nach dem Ziel des Heiles streben, empfangen ihren Antrieb nicht aus der Sitte, auch nicht aus der Berufung oder Ermahnung durch einen Menschen, sondern sie sind von der himmlischen Liebe mitfortgerissen und sind von Begeisterung erfüllt … und lassen nicht nach, bis sie das Ersehnte schauen.“4

Das Bodhisattva-Ideal
In dem Zeitraum, in dem die Inkarnation der Sonnenwesenheit von den Essenern vorbereitet wurde, erfährt die buddhistische Religion eine Umwandlung.
In den ersten Jahrhunderten nach Buddha hatte sich eine streng asketische Richtung entwickelt, die in der Weltflucht, der Vermeidung aller Berührung mit dem normalen Leben, dessen Erscheinungsformen als vergänglich und leidvoll betrachtet wurden, ihre persönliche Befreiung suchte. Es entstand das Ideal des Heiligen, des „Arahat“, der in Zurückgezogenheit nach der Erlösung von Leiden strebt. Diese pessimistische Weltschau wurde im ersten Jahrhundert vor der Zeitenwende von vielen Buddhisten als der Menschheitsentwicklung nicht mehr entsprechend empfunden, und so entstand um 100 v. Chr. das Bodhisattva-Ideal, in dem der Schüler gelobt, die Befreiung zum Segen aller Wesen zu erstreben, und, wenn er sie erlangt hat, sich aus freiem Willen so lange zu inkarnieren, bis alle Wesen befreit sind. So richtet er sein Gebet an das Göttliche: „Was immer die höchste Blüte des menschlichen Geistes sei, möge ich sie zum Segen aller erreichen!“ Es ist eine Neuorientierung innerhalb der buddhistischen Geistesströmung, die nicht nur auf Weisheit gründet, sondern aus den Herzenskräften heraus die Zukunft zu gestalten sucht.
So erfuhren sowohl der Buddhismus als auch die Essener im ersten Jahrhundert vor Christus ihre Blütezeit; der Buddhismus, indem er das Bodhisattva-Ideal aufnahm und die Essener, indem sie die Inkarnation der kosmischen Sonnenwesenheit auf Erden vorzubereiten hatten.
Im ersten Jahrhundert nach Christus finden wiederum beide Strömungen, sowohl diejenige, die innerhalb des Buddhismus das Bodhisattva-Ideal aufgenommen als auch die der Essener, die in ihrer geheimen Bruderschaft das Christentum vorbereitetet hatte, ihre Reife, indem sie in einen sichtbaren Strom hineinfließen. Es findet in dieser Zeit das Konzil des Königs Kanishka statt, auf dem zum ersten Mal die Bezeichnung „Mahayana“ für die Bewegung innerhalb des Buddhismus geprägt wird, in der die heilende Hinwendung, das Opfern seiner Selbst für das Heil der anderen eine zentrale Stellung einnimmt. Die geheime Bruderschaft der Essener geht in den sichtbaren Strom des Christentums ein und löst sich als geheime Gemeinschaft auf. In der Entstehung des Mahayana-Buddhismus und des Christentums findet die Umwandlung vom Mysterium des Menschen, in dem nur einzelne eingeweiht wurden, zum Menschheitsmysterium statt, in dem alle Menschen in den Einweihungsvorgang einbezogen werden.
Diese parallele Entwicklung des Buddhismus zu Mahayana und der Essener zum Christentum lässt die Frage entstehen, ob beide Bewegungen auf einem gemeinsamen religiösen Kulturboden standen.
Seit den Eroberungen durch Alexander den Großen im 4. Jh. v. Chr. stehen die Kulturen des östlichen Mittelmeerraumes und die, die bis nach Nordwesten Indiens reichen, unter hellenistischem Einfluss; es ist sowohl das Gebiet, in dem die Essener wirkten, als auch das Reich des Königs Kanishka im Nordwesten Indiens, in dem sich 100 v. Chr. ein Zentrum des buddhistischen Lebens entwickelt hatte. Ein großer Kulturraum wurde gebildet, in dem auch ein reger religiöser Austausch bestand, was die Vermutung nahe legt, dass die Essener, vor allem dem Einflussbereich der hellenistischen Kultur folgend, möglicherweise bis zum Reich des Königs Kanishka, ihr Wissen von dem nahenden Messias zu verbreiten suchten. Auffallend ist auch die Ähnlichkeit in der Lebensform der Buddhisten und Essener, die in nach außen abgeschlossenen, klosterähnlichen Gebäuden ein Leben in Ehelosigkeit und Keuschheit führten. So berichtet der Geschichtsschreiber Josephus, dass die Weisheit der Essener auf den, der sie vernommen hat, einen unwiderstehlichen Zauber ausübe. Andererseits ist aber auch eine buddhistische Beeinflussung der Essener nicht auszuschließen, eher ebenfalls wahrscheinlich.

Die Thomas-Legende
Die ersten Hinweise über eine Begegnung des Buddhismus mit dem Christentum ist uns in der Thomas-Legende überliefert, in der über eine Reise des Apostels Thomas zum „König der Inder“ berichtet wird:
Ein Kaufmann namens Abbanes kam aus Indien mit dem Auftrag seines Königs Sundaforus, einen Baumeister aus fernem Lande mitzubringen. Auf dem Sklavenmarkt in Jerusalem tritt Christus in der Gestalt eines Sklavenhändlers an ihn heran und befragt den fremden Kaufmann. Als Christus von ihm erfährt, dass er einen Baumeister sucht, verkauft er ihm seinen Jünger Thomas. Zufrieden tritt Abbanes die Heimreise an. Mit gutem Wind und schneller Fahrt legt das Schiff in der Mündung des Indus an. Bald erreichen sie das Reich des Königs Sundaforus, der sich von Thomas einen Palast bauen lassen will. Reichlich werden Mittel zu Verfügung gestellt, doch der Apostel verteilt das ganze Geld an die Armen und verkündet das Evangelium. Dies erzürnte den König, und er lässt Thomas ins Gefängnis werfen. In dieser Nacht erkrankt plötzlich der Bruder des Königs, Sad, und stirbt. Die Engel zeigen ihm nun den himmlischen Palast, den Thomas für seinen Bruder gebaut hat, und erlauben ihm zur Erde zurückzukehren, um dem König davon zu berichten. Darauf lässt der König Thomas aus dem Gefängnis holen und mit dem König und seinem Bruder werden noch viele andere gläubig.

Der Name Sundaforus war den Historikern unbekannt, da ihn keine schriftliche Überlieferung erwähnt, und so war es eine bedeutende Entdeckung, als indische Archäologen Münzen fanden, die einen bedeutenden parthrischen Herrscher namens Sundaphar in Nordwestindien abbilden, der im ersten Jahrhundert nach Christus lebte, also in der Zeit, in der der Apostel Thomas Indien besucht haben soll. In dieser Zeit stellt die Archäologie auf Grund der Ausgrabungen in diesem Gebiet ein Erstarken des römisch-griechischen Einflusses auf Kunst und Religion fest, so dass man von der „Kunst von Gandhara“ spricht, die eine bekannte Schule jener Zeit war, deren Mittelpunkt Purushapura, das heutige Beschawar, bildete. Die Denkmäler der Kunst und die religiösen Darstellungen zeugen von einer großen Umwandlung des Buddhismus im ersten Jahrhundert nach Christus unter Einfluss des Abendlandes, und sie gruppieren sich um die Namen der beiden größten Fürsten von Gandhara: Sundaforus und Kanishka.

"Buddha" GandharaIn der Zeit, in der nach der Thomas-Legende das Christentum nach Nordindien einzieht und von König Sundaforus angenommen wird, beginnt die Gandhara-Kunst, und es vollzieht sich dadurch eine Umwandlung der Kunst und des buddhistischen Kultus. Zum ersten Mal finden sich Darstellungen Buddhas, der zum Zentrum der künstlerischen Darstellung wird, nachdem all die Jahrhunderte zuvor dies streng gemieden wurde. Zuvor war Buddha als der Bringer der Weisheit über den wahren Weg, der in der Erleuchtung zur Erlösung und zum geistigen Leben führt, verehrt worden, aber nicht als Erlöser selbst. Im Christentum dagegen wird Christus nicht als ein Erleuchteter, sondern als der Weg, die Wahrheit, das Licht und das Leben, als die geistige Sonne verehrt. Er ist als der Erlöser selbst Mensch geworden und bildet dadurch den Mittelpunkt vom Kultus, dem sich der Gläubige in der Anbetung vertrauensvoll hingibt. Durch die Begegnung mit dem Christentum wandelt sich Buddha in den Darstellungen vom Lehrer des Weges zur Erlösung zum Erlöser selbst, und seine Person tritt dadurch verstärkt als universaler Heilbringer, als „Herr der Welt“ in den Mittelpunkt der Kunst. In den Denkmälern Gandharas wird die Umwandlung die sich innerhalb des Buddhismus durch die Begegnung mit dem Christentum vollzogen hat, in die Anschaulichkeit gebracht; Buddha steht wie eine Christusgestalt mit einem griechisch-römischen Gewand bekleidet inmitten seiner Jünger, sie belehrend und segnend.5 Eine tiefgehende Verbundenheit zwischen Buddhismus und Christentum muss die Grundlage der sich vollziehenden Umwandlung gewesen sein. Es ist die Begegnung zweier verwandter religiöser Strömungen, die sich bereitwillig dem Einfluss des anderen aussetzen. Und es mag darin die Ursache zu sehen sein, dass in der Apostelgeschichte (2,9 ff.), in der beim Pfingstereignis die Völker aufgezählt werden, die Parther an erster Stelle genannt werden.
Unter König Kanishka, dem Nachfolger des zum Christentum sich bekennenden Königs Sundaforus entwickelte sich in Gandhara eines der bedeutendsten Zentren des Buddhismus, das zahlreiche Pilger wie ein heiliges Land anzog. Es wurde die Wiege des Mahayana-Buddhismus, der im Laufe der Entwicklung auf den weiteren Osten einen großen Einfluss ausüben sollte, während sich der christliche Strom nach dem Westen ausbreitete.

Jenseits der Ost-West Polarität
Wir leben gegenwärtig in einem Zeitraum, in dem sich diese zwei Ströme wiedererkennen wollen. Die horizontale Polarität von West und Ost soll harmonisiert werden, um aus den Vertikalkräften unseres Wesens das Bewusstsein des einen Erdorganismus zu erwecken. Diese Umwandlung bildet die Voraussetzung das Sonnenwesen, welches die Menschen durch all ihrer Kulturentwicklung hindurch ersehnt haben, mit der Erde verbunden zu Schauen.
Rudolf Steiner verwies immer wieder auf die Bedeutung des beginnenden zwanzigsten Jahrhunderts, auf die Veränderung geistiger Verhältnisse innerhalb der Erdatmosphäre, welche für die weitere Menschheitsentwicklung von größter Bedeutung sei und nennt in diesem Zusammenhang das Jahr 1909, ab dem es verstärkt möglich sein wird, dem Christus, wenn er gesucht wird, nahe zu sein. In dem gleichen Jahr macht er aber auch die folgende Aussage: „Wollen wir also nicht nur des Christus teilhaftig werden, sondern wollen wir den Christus verstehen, dann müssen wir nicht nur bequem hinblicken darauf, was der Christus für uns getan hat, sondern dann müssen wir bei allen Lehrern des Westens und des Ostens in die Schule gehen, und es muss uns ein Heiliges sein, die Lehren des ganzen Blickkreises uns anzueignen; und das andere Heilige muss uns sein, diese Lehren so zu verwenden, dass wir durch die höchsten Lehren den Christus vollständig begreifen.“6
In den Vorträgen über das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt drückt Rudolf Steiner es noch deutlicher aus: „…Es nimmt sich aus wie ein Zusammenbringen von Orient und Okzident von den zwei gewaltigen Offenbarungen des Christentums und des Buddhismus. Wir sehen sie zusammenfließen im Geistigen.“7 Und an einer anderen Stelle: „Die beiden Strömungen müssen in der Zukunft zusammengehen.“8

Dieser Harmonisierung der beiden Religionen steht die verstärkte Polarisierung durch die Technikgläubigkeit des Westens gegenüber. Dadurch besteht die Gefahr, dass der Westen den Christus, den er zu besitzen glaubt, verliert, während der Osten ihn wieder gewinnt. Hier kann die Weisheit des Ostens dazu dienen, dass sich dem Westen die Inhalte seines Glaubens aufs neue erschließen, er die der christlichen Lehre innewohnende kosmische Dimension neu ergreift, denn Christus ist eine kosmische Wesenheit, die nicht an ein Volk oder einen Erdteil gebunden ist, sondern den Grund für die Fähigkeit zu lieben ins Erdendasein bringt und dadurch die aller Entwicklung zugrundeliegende schöpferische Kraft des Lebens, die geistige Sonne ist, an welche die verschiedenen Kulturen unabhängig ihres religiösen Bekenntnisses anschließen können, um daraus die sozialen Verhältnisse zu verlebendigen und den Boden für die eine werdende Menschheit zu bilden. Daraus können alle die positiven Kräfte des menschlichen Wesens hervorgehen, die nötig sein werden, um den weiteren Verlauf der Kulturentwicklung bewusst zu bestimmen.

Wenn Christus sich mit der ganzen Erde und Menschheit verbunden hat, so können wir nicht andere Religionen ausschließen, sondern müssen das Wirken des lebendigen Christus auch in ihnen wiederzufinden suchen, um auf Grund der inneren geistigen Erfahrung den gemeinsamen „Namen“ zu finden. Somit kann es nicht unser Anliegen sein, den Osten von der Richtigkeit unseres Glaubens zu überzeugen, sondern vielmehr den Christus in seiner allumfassenden Wirksamkeit auch in der Kultur des Ostens zu finden. Können wir den Christus außerhalb unseres Bekenntnisses nicht erkennen, kann ein allgemeiner Anspruch nicht aufrechterhalten werden, denn weder der Osten noch der Westen kann das hohe Erden- und Menschheitsideal, das in Christus verkörpert ist, für sich in Anspruch nehmen, sondern sie müssen sich gemeinsam in Christus wiederfinden.

1 Walter Ruben, Beginn der Philosophie in Indien, Berlin 1955, S. 158 f.
2 Rigveda X, 81/82.
3 Anna Katharina Emmerich, Das arme Leben unseres Herrn Jesus Christi, Augsburg 1988.
4 Philo von Alexandria, De vita contemplativa, § 2.
5 Joseph Dahlmann S. J., Indische Fahrten, Bd. II, Freiburg im Breisgau 1927, S. 45 f.
6 Rudolf Steiner, Der Orient im Lichte des Okzidents, Dornach 1982, S. 188.
7. Rudolf Steiner, Das Ereignis der Christus-Erscheinung in der ätherischen Welt, Dornach 1977, S.185
8 Ebd. S. 86.



Artikel von Zoran Perowanowitsch Buchvorstellung